Beitrag hier anhören:

Streit über Invaliditätsgrad

 Was bedeutet der Verlust oder die Funktionsfähigkeit der Hand im Handgelenk?

Der Kläger war Radfahrer und erlitt einen Radunfall, bei dem er sich die rechte Hand schwer verletzte, das rechte Handgelenk musste operativ versteift werden.

Im Streit mit dem Versicherer vertrat der Kläger die Ansicht, es komme allein auf die Funktionsfähigkeit bzw. Funktionsunfähigkeit im Handgelenk an. Der Versicherer auf der anderen Seite vermeinte, auch die restliche Funktionsfähigkeit der Hand (ab dem Handgelenk) wäre für die Beurteilung der dauernden Funktionseinschränkung maßgeblich.

„Durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer“

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes kann ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der Funktionsunfähigkeit die sprachlich „eindeutige Formulierung“ Hand im Handgelenk durchaus so verstehen, dass es nur auf die volle oder teilweise Funktionsunfähigkeit des Gelenkes selbst ankomme und nicht auf die Funktionsfähigkeit der Hand insgesamt.

Diese Formulierung der UVB 2000 ist daher so auszulegen, dass der Invaliditätsgrad von 60 % bereits bei vollständiger Funktionsunfähigkeit (Versteifung) des Handgelenkes gilt und eine verbleibende Restfunktion der Hand nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist (7 Ob 210/16 g).

Vorsicht bei der Formulierung

Die zugegebenermaßen etwas patscherte Formulierung in den Versicherungsbedingungen kann nur zu Lasten des Versicherers gehen, der diese Bedingungen ja auch formuliert hat.

Im Nachhinein die Formulierung so umzudeuten, dass es nicht allein auf das Handgelenk – entgegen der eindeutigen Formulierung – ankomme, sondern auch auf die Funktionsfähigkeit der gesamten Hand, kann aus den Bedingungen nicht abgeleitet werden, auch wenn der Versicherer dies so gemeint haben sollte und auch gerne so sehen will.

Autor: Dr. Walter Niederbichler

 Wir sind auf Versicherungsrecht spezialisiert. Kontaktieren Sie uns für ein Beratungsgespräch!