Mieter sind grundsätzlich Gauner…
So oder so ähnlich könnte man ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofes lesen. Tatsächlich geht es um die zeitliche Begrenzung des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung (ARB 2011). Klar ist, dass der Versicherungsschutz in der Rechtsschutzversicherung nur auf Versicherungsfälle anzuwenden ist, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eintreten. Im Anwendungsbereich der Verstoßtheorie – meist im Art. 2 der ARB geregelt – besteht aber dann kein Versicherungsschutz, wenn Willenserklärungen oder Rechtshandlungen, die innerhalb eines Jahres vor Versicherungsbeginn vorgenommen werden, den Versicherungsfall auslösen.
Willenserklärungen sind Willensäußerungen, die auf eine Rechtsfolge, zum Beispiel Begründung, Änderung oder Beendigung eines Rechtes gerichtet sind, wobei egal ist, ob diese durch den Versicherungsnehmer selbst, den Gegner oder durch Dritte vorgenommen werden. Dazu gehört typischerweise das Kündigen eines Mietverhältnisses oder die Antragstellung einer Berufsunfähigkeitspension, etc.
Kündigung vor Versicherungsabschluss
Im vorliegenden Fall hat der Mieter das Mietverhältnis zum Versicherungsnehmer innerhalb eines Jahres vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages gekündigt. Einige Monate später hat der Versicherungsnehmer einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, aber den Versicherer nicht darauf hingewiesen, dass dieses Mietverhältnis bereits gekündigt war.
Nach Versicherungsbeginn wurde die Wohnung vom Mieter zurückgestellt, ohne der vom Versicherungsnehmer gewünschten Rückbau- und Sanierungsmaßnahmen. Der Versicherungsnehmer machte diese Kosten – mehrere
EUR 10.000,00 – gerichtlich geltend und wollte Rechtsschutzdeckung für dieses Verfahren haben.
Die Rechtsschutzdeckung wurde dem Kunden von allen Instanzen verwehrt und damit begründet, dass die vor Versicherungsbeginn abgegebene Willenserklärung (Kündigung) des Mieters den Versicherungsfall ausgelöst habe. Eine Aufkündigung eines Bestand- oder Mietverhältnisses trägt erfahrungsgemäß immer den Keim eines nachfolgenden Rechtsverstoßes des einen oder anderen Teils gerade im Zusammenhang mit Streitigkeiten in sich, die aus der die Beendigung des Bestandsverhältnisses voraussetzenden Verpflichtung zur Rückstellung des Bestandobjektes resultieren.
Hätte der Mieter die Willenserklärung (Kündigung) mehr als ein Jahr vor Abschluss des Versicherungsantrages abgegeben, wäre der Rechtsschutzversicherer verpflichtet gewesen, den Streitfall zu decken.
Bei dieser Bedingung (ARB 2011) handelt es sich um einen Risikoausschluss, den grundsätzlich der Versicherer nachweisen muss, was bei Kündigungen grundsätzlich wohl nicht sehr schwer sein dürfte.
7 Ob 66/18h