Kein Betrieb, keine EKHG Haftung, keine Versicherungsleistung

Der Oberste Gerichtshof hatte 2017 zwei interessante Sachverhalte zu prüfen. Bei beiden ging es darum, dass der Kfz-Halter sein haftpflichtversichertes Fahrzeug neben den Wirtschaftsgebäuden eines landwirtschaftlichen Anwesens bzw. in einer Scheune abgestellt hat und sich das abgestellte Fahrzeug etwa 2 Tage nach dem Abstellen selbst entzündet hat, wodurch die in der Nähe stehenden Gebäude „warm abgetragen wurden“.

Dabei ging es um die wesentliche Frage, ob der Kfz-Haftpflichtversicherer nach §1 EKHG (Gefährdungshaftung) für diese Schäden einzustehen hat oder nicht.

In beiden Fällen hat der Oberste Gerichtshof die Haftung des Kfz-Haftpflichtversicherers verneint und im Wesentlichen damit begründet, dass die Haftung des Halters nach §1 EKHG (Gefährdungshaftung) einen Unfall „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges voraussetzte. Nach ständiger Rechtsprechung muss für dieses Tatbestandsmerkmal entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kfz-Betrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn das nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz bestehen. Hier hat die Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet: Etwa, dass das Ein- und Aussteigen, das Be- und Entladen etc. zum Betrieb des Kraftfahrzeuges gehört. Eine Haftung besteht allerdings nur in diesen Fällen, wenn der Unfall auf einer spezifischen Gefährlichkeit des Kfz beruht. Es muss also ein Gefahrenzusammenhang bestehen.

OGH: Prüfung restriktiv anlegen

Der Oberste Gerichtshof meint nun in diesen beiden Fällen, dass die Prüfung des Gefahrenzusammenhangs restriktiv anzulegen ist, da es sonst zu einer uferlosen Ausweitung der Gefährdungshaftung kommen kann. Dies ist nicht gewünscht. Im vorliegenden Fall meint der Oberste Gerichtshof, dass die Selbstentzündung nicht im Gefahrenzusammenhang mit dem Betrieb des Kfz steht; dies zumindest in diesen beiden Fällen, bei denen das Kfz bereits 2 Tage abgestellt war und sich die Selbstentzündungsursache nicht klären ließ.

Anders liegt der Fall meines Erachtens, wenn die Selbstentzündung in irgendeiner Form mit dem Betrieb (motorbedingte Bewegung) zusammenhängt. Kommt es z.B. durch den Betrieb zu einer Überhitzung des Motors und in weiterer Folge – wenngleich im zeitlichen Abstand – zu einem Brand des Fahrzeuges, steht die Selbstentzündung mit dem Betrieb des Motors im Zusammenhang und wäre der KFZ-Haftpflichtversicherer deckungspflichtig. Das Problem ist dabei, dass diesen Zusammenhang der Geschädigte beweisen muss.

Andere Länder, andere Entscheidungen

Schaut man ein wenig über die Grenze muss man erkennen, dass die Deutschen die Sache anders sehen. Der Bundesgerichtshof hat in einem nahezu gleichen Sachverhalt erkannt, dass die EKHG-Haftung Dritte vor Schäden schützen soll, die sich aus einem Versagen der Betriebseinrichtung eines Fahrzeuges ergeben. Dabei sei es unerheblich, ob ein Brand – etwa aufgrund eines Kurzschlusses – vor, während oder nach der Fahrt eingetreten sei; es genügt, dass er in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Fahrzeuges gestanden sei.

Nach dem BGH könne dieser Fall nicht anders gesehen bzw. behandelt werden, als das Entstehen eines Brandes durch einen Heizlüfter oder ein sonstiges technisches Gerät, wodurch sich eine Gefahr verwirklicht habe, die von jeder technischen Anlage ausgehen kann.

Fazit: Wenn sich das KFZ selbst entzündet, dann bitte in Deutschland.

 

OGH 23.2.2017, 2 Ob 188/16k

OGH 28.3.2017, 2 Ob 55/17b