Beitrag hier anhören:
Untreue – wirtschaftlich noch vertretbar oder schon strafbar?
Der Begriff der Untreue ist nur selten positiv behaftet. Im privaten Bereich führt er des Öfteren vor den Scheidungsrichter und beschäftigt Anwälte. Im beruflichen bzw. geschäftlichen Bereich führt er beinahe unausweichlich vor den Strafrichter und beschäftigt ebenfalls Anwälte.
Ob es nun vor dem Strafrichter oder dem Scheidungsrichter schmutziger zugeht, lässt sich nicht genau sagen. Während der Gesetzgeber aber niemandem vorschreibt, wie er sein Liebesleben gestalten soll, schreibt er doch vor, wie man sich im beruflichen bzw. geschäftlichen Bereich zu verhalten hat.
Definition Untreue
Untreu im Sinne des § 153 StGB handelt, wer seine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder andere zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Schaden verursacht. Als Befugnismissbrauch gilt der unvertretbare Verstoß gegen Regeln, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten (Machtgeber) dienen.
Großer Täterkreis
Täter kann also nur sein, wer die Befugnis hat, über fremdes Vermögen zu verfügen, was neben Mitarbeitern und Führungsorganen von juristischen Personen jeder sein kann, dem etwas anvertraut wurde (Machthaber). Das kann z.B. der Verkäufer in einem Schuhgeschäft sein, der – ohne dazu ermächtigt zu sein – bei einem Kunden auf die Bezahlung der Schuhe verzichtet. Oder der Geschäftsführer einer GmbH, der an einen Freund Wohnungen der GmbH unter Marktwert veräußert. Oder der Hundesitter, der den anvertrauten Pudel verkauft.
Denn sie wissen, was sie tun…
Voraussetzung ist immer, dass der Täter weiß, dass er keine Befugnisse hat, so zu handeln. Wenn der Schuhverkäufer dem Kunden einen Rabatt einräumt, weil er glaubt, dass dies im Unternehmen so üblich ist und er dazu berechtigt ist, macht er sich nicht der Untreue schuldig.
Die vermeintliche Klarstellung, was unter „Befugnismissbrauch“ zu verstehen ist, erfolgte im Jahr 2015 mit einer Strafrechtsnovelle. Einfacher wurde die Beurteilung, ob eine Handlung bereits Untreue darstellt oder nicht dadurch zwar nicht. Aber zumindest wurden die anzuwendenden Maßstäbe klargestellt.
Voraussetzung Regelbruch
Der Befugnismissbrauch setzt zunächst das Hinwegsetzen über Regeln im Innenverhältnis voraus, etwa im Falle des Schuhverkäufers, dass grundsätzlich keinerlei Rabatte gewährt werden dürfen. Oder die Weisung der Gesellschafter an den Geschäftsführer, dass Wohnungen prinzipiell nur zum Marktwert verkauft werden dürfen.
Solche Regeln können sich aus Weisungen, Dienstverträgen, einer Satzung oder ähnlichem ergeben. Selbst wenn solche Regelungen nicht explizit vorliegen, hat der Machthaber immer die Pflicht, seinem Machtgeber den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen zu verschaffen, sodass das Fehlen von Regelungen nicht dazu führt, dass der Machthaber nach seinem Gutdünken handeln kann.
Vertretbar oder nicht?
Zu prüfen ist allerdings immer, ob sich der Machthaber in unvertretbarer Weise über seine Befugnisse hinweggesetzt hat, was gemäß der bisherigen Lehre allerdings nur dann zu bejahen ist, wenn er seine Befugnisse „außerhalb des vernünftigerweise Argumentierbaren“ ausübt. Ob etwas vernünftig argumentierbar ist oder nicht, ist natürlich immer eine Einzelfallentscheidung.
Greift man z.B. das Beispiel des Geschäftsführers auf, der die Wohnung unter Marktpreis verkauft, könnte man z.B. argumentieren, dass diese bereits seit Monaten erfolglos zum Kauf angeboten wurde und es darum ging, den Verlust möglichst gering zu halten.
Ohne Schaden keine Untreue
Voraussetzung für die Strafbarkeit ist auch, dass beim Machtgeber ein Schaden eintritt. Dies kann neben einer Verminderung der Aktiva auch die Steigerung der Passiva sein. Ohne einen Schaden keine Untreue. So kann der Machthaber nicht untreu handeln, der sich zwar wissentlich über Regelungen hinwegsetzt, damit allerdings einen wirtschaftlichen Vorteil für seinen Machtgeber erzielt.
Sie sehen, dass die Beurteilung, ob sich jemand nun im strafrechtlichen Sinne der Untreue schuldig gemacht hat oder nicht, nicht einfach ist. Unabhängig davon, ob Sie sich nunmehr über Maßnahmen zur Vermeidung von Untreuehandlungen informieren möchten oder einen Verteidiger benötigen, weil Sie mit Untreuevorwürfen konfrontiert werden: Wählen Sie eine Rechtsvertretung, die neben dem strafrechtlichen Wissen auch ein Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und Entscheidungen mitbringt!
Autor: Lukas Schwarz
Wir haben den Anspruch an uns selbst, Dinge zu hinterfragen und bieten Ihnen neben unserer strafrechtlichen Kompetenz auch wirtschaftliches Know-How.